Dienstag, 3. Januar 2017

Frau W. und ihre kuriosen Wünsche



Vor längerer Zeit bekam ich einen Auftrag von einer Kundin, die ich mal auf einem Markt kennen gelernt und ein langes, sehr nettes Gespräch geführt habe. Ich muss das vielleicht mit dem Markt erst erklären. Zwei mal im Jahr, nämlich vor Ostern und vor Weihnachten nutze ich das Angebot in einem schönen Schloss in der Region und biete an einem kleinen Verkaufsstand meine selbst genähten Sachen an. Nicht dass der Eindruck erweckt wird, ich würde gezielt für einen Markttag nähen. Nein, so ist es nicht. Sondern: Ich habe mir gleich am Anfang meiner Kursleitertätigkeit angewöhnt, alle Projekte, die ich mit den Frauen nähen möchte, vorher mal zur Probe zu nähen, um die Schwierigkeiten auszuloten. So umgehe ich(meist) unangenehme Überraschungen in den Kursstunden. Natürlich sammelt sich dann im Laufe des Jahres einiges an, was in Schränken und Truhen dann sein Dasein fristet. Manches sind einmalige Projekte, aber da ich gerne Experimente mache wird das eine oder andere dann doch in veränderter Form noch mal genäht. Nicht alles kann man selbst gebrauchen oder verschenken, also wird es an solchen Markttagen verkauft.  
Diesen Verkaufsstand bestücke ich gemeinsam mit meiner Schwester, die Malerin ist und alles bemalt, was halbwegs Farbe vertragen kann. Das heißt aber nicht, einfach so anstreichen- nein- sie ist eine sehr talentierte Porzellanmalerin und bemalt z.B. Schneckenhäuser, Steine, Schieferplatten und vieles mehr. Selbst wenn wir mal an einem Tag nicht so viel verkaufen wie erhofft ist es immer ein schönes Erlebnis. Uns ist wichtig, einen gemeinsamen Tag zu verbringen, uns zu unterhalten, zu lachen – eben einfach gemeinsam Spaß zu haben.
Schön ist es auch, wenn Menschen für unsere Auslagen Interesse haben, danach fragen, sich Techniken erklären lassen und dann lächelnd weitergehen.
Nicht alles kann man immer in Euro umrechnen.



An so einem Tag lernte ich auch Frau W. kennen. Sie fragte, wie manchmal andere Kunden auch, ob ich auch was ganz bestimmtes in Größe und Design für sie herstellen würde. Sie nahm sich, wie andere auch, eine Visitenkarte mit und ich verabschiedete mich mit den Worten: „Ich freue mich auf Ihre Bestellung!“
Dann kam lange, lange Zeit später eine Mail von Frau W. in der sie einen Wandquilt bei mir bestellte. Sie nannte mir die Größe und gab mir vier Themen vor, die ich zur Auswahl für die Gestaltung nehmen könnte:
1.     Eine Straßenansicht mit Häusern, aus den Fenstern sollten Menschen schauen oder

2.     Eine Unterwasserwelt mit Pflanzen, Fischen und einer Nixe oder

3.     Einen Tisch vor einem Cafe´, an dem zwei dicke Damen sitzen und unter dem Tisch sollte ein Mops sitzen oder

4.     Ein Weg mit Steinen, am Rand wächst Löwenzahn

Puh, das gab mir erstmal zu denken und kurz, aber nur ganz kurz hab ich überlegt, ob ich mich als „unbekannt verzogen“ ausgeben soll.
Dann habe ich mich aber entschieden, den Auftrag auszuführen. Das letzte Thema schien mir am besten umsetzbar zu sein. Ich war völlig frei in den Farben, da legte sie sich nicht fest. Also machte ich zwei Entwürfe und schickte sie ihr zu, sie entschied sich und ich konnte loslegen.
Ich habe selbst gefärbte Stoffe verarbeitet, Fotos auf Stoff ausgedruckt und nur einen kleinen Rest gekauften Stoff mit Steinmuster vernäht. Ich habe appliziert, gequiltet und Perlen verarbeitet. In der Zwischenzeit immer mal wieder den Stand mit Frau W. besprochen oder beschrieben oder bemailt oder wie nennt man das, wenn man per Mail kommuniziert???
Dann kam der große Tag, den Frau W. herbeisehnte. Ich schickte den Quilt ab mit der Bitte, ihn zu begutachten und erst dann, wenn sie zufrieden sei, zu bezahlen. Lustigerweise waren an dem Tag, als das Päckchen bei ihr ankam, gerade ihre Nachbarinnen zu einem Kaffeeklatsch bei ihr und mein Quilt wurde von allen Seiten begutachtet. Sie bestätigte mir überraschender Weise den Empfang und die Freude über das Werk per Telefon. Der Lärmpegel im Hintergrund sagte mir, dass wahrscheinlich nicht nur Kaffee getrunken wurde und alle Damen ließen mich unbekannterweise grüßen. 

Löwenzahn am Wegesrand  70 x 120 cm
Löwenzahn Details

Dass sie zufrieden war, davon bin ich überzeugt. Denn sie hat noch mehr Aufträge bei mir ausgelöst, die immer zu ihrer Zufriedenheit waren: Gardinen in Pojagi- Technik, Fensterbilder, Tischsets und Tischläufer. Sehr kurios war die Bitte, einen Bezug für ihren Toaster anzufertigen. Es sollten Häuser zu sehen sein, mal bei Tag, auf der Rückseite in der Nacht. Na ja, sie mag eben Häuser. 


Aber ich habe von da an sehr über mich nachgedacht, denn ich kann zwar gut nähen, aber eine gute Hausfrau scheine ich nicht zu sein, denn mein Toaster hat (noch) keinen Patchwork- Überzug!

3 Kommentare:

  1. Also der Toaster bzw. sein Kleid ist der Hit. Das hast Du toll gemacht.Bin eben doch Schüler Klasse x.
    LG Heike

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  2. Wow, der Löwenzahn ist wunderschön. Da brauche ich doch wohl noch ein paar Jahre Übung, bis ich so schöne Sachen machen kann.
    Da schaue ich doch gerne öfter mal rein.
    Schöne Grüße Claudia

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  3. Wow, ist der Löwenzahn schön! Ich liebe Löwenzahn und Du hast ihn gekonnt in Szene gesetzt. Die Toaster - Abdeckung ist auch wunderschön. Ich habe auch keine...müsste ich auch mal ändern, Stoff liegt schon ein Weilchen bereit...
    Herzliche Grüße
    Marle

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