Mein erster Quilt oder ......eigentlich
wollte ich ein Fahrrad verkaufen
(Eine fiktive Geschichte von Regina Langbein)
Das Fahrrad, das in unserer Garage stand, war uns
schon lange im Weg. Man konnte es doch nicht einfach zum Sperrmüll
geben, es hatte doch unserer Tochter so viele schöne Erlebnisse
gebracht. Es war ihr erstes selbstfinanziertes. Weil sie schon lange ein
„richtiges“ Fahrrad wollte, nicht mehr so eins für Kinder, hatte sie
vor vielen Jahren den Entschluss gefasst, alle um Geldgeschenke zu
bitten, wenn Geburtstag, Weihnachten oder vielleicht gute Zensuren ins
Haus standen. Jawohl, ein richtiges Damenrad sollte es sein ….
Radtouren mit der Schulklasse, Fahrten zum ersten Freund, der
erste Fahrradurlaub, wie viele schlaflose Nächte für uns sind mit diesem Rad verbunden. Wir konnten immer
erst wieder ruhig schlafen, wenn sie von
ihren Ausflügen zurück war.
Wie lange ist das schon her? Nun fährt sie Kinderwagen und
ein Auto und das gute alte, damals lang ersehnte Rad nimmt uns nur Platz weg.
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Maschinengesticktes Bild aus meinem Quilt mit dem Titel "10". Schau mal hier.
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Samstagmorgen. Im Haus ist es still, ich sitze mit einem duftenden Kaffee in der Küche und lese meine Zeitung, bevor die übrigen
Mitglieder der Familie kommen und die erste Mahlzeit ihrer seit Jahren
gewohnten Vollpension einnehmen möchten.
„Gebrauchtes Damenrad, auch älteres Modell, fahrbereit,
preisgünstig zu kaufen gesucht“. Das wär's, ich verkaufe das Rad. Und wenn
die Tochter mal wieder mit dem Enkel kommt, dann bekommen sie das Geld und mein
Mann endlich mehr Platz in seiner Garage.
Es ist noch nicht mal 8 Uhr, ob ich da schon anrufen kann? Wenn
ich warte, dann bietet vielleicht jemand anderes ein Fahrrad an und ich bleibe
auf unserem sitzen. Nur Mut, diejenige muss ja wissen, dass auch am frühen
Morgen Leute Zeitung lesen.
Gedacht, getan – die Dame hat Interesse, wohnt in der Nähe und kommt gleich morgen,
um das Rad zu besichtigen. Sie möchte nach vielen Jahren wieder etwas für ihren
Körper tun, sich erstmal langsam an das Radfahren herantasten und sich später
dann ein Neues kaufen.
Der nächste Tag, ein Frühlingstag mit Regen, Wind und ziemlich
niedrigen Temperaturen. Es klingelt, Frau M. steht vor der Tür und stellt sich
als die Fahrradinteressentin vor. Wir gehen um die Ecke zur Garage. Dort steht
es, das gute Stück, extra vom Staub der Jahre befreit, mit einer alten Decke
bedeckt. Frau M. ist hin und weg - von der Decke!
Es ist meine erste
Patchworkdecke, für den Sohn vor fast 50 Jahren genäht.
Sie nimmt sie in die Hand und streichelt die Decke wie eine gute
alte Bekannte. Sie besteht nur aus Quadraten, mit der Schere nach Augenmaß
zugeschnitten, mit der Maschine nicht wirklich exakt genäht und vom vielen Benutzen im Bett,
auf dem Fußboden, im Garten und am Strand schon recht verschlissen.
Ob ich die selbst gemacht hätte, wie alt sie sei,
ob ich
noch weitere angefertigt habe usw., usw. Ich bat Frau Müller auf einen
Kaffee ins Haus, denn die
Garage war für eine Unterhaltung kalt und recht ungemütlich. Ich
erzählte ihr von meiner
Freude am Nähen und den Quilts, die neben meinen Pflichten als
berufstätige
Mutter, Hausfrau und der Beschäftigung im Garten so im Laufe der Jahre
entstanden sind. Plötzlich hatten sich, ohne dass dies zu vermuten war,
zwei
Quilterinnen gefunden, die nur ein paar Kilometer weit entfernt alleine
vor
sich hin quilteten. Sie erzählte von ihren Quilts, ich zeigte ihr einige
von
meinen, und die Zeit verging. Wir verabredeten ein neues Treffen, ich
wollte doch auch ihre Quilts sehen. Wir schauten Bücher an, tauschten
Erfahrungen und Stoffe aus, redeten über dies und das und
stellten fest, dass die Chemie zwischen uns mehr als stimmte.
Seit diesem Tag sind nun schon viele Jahre vergangen,
gemeinsame Patchwork-Ausstellungen haben stattgefunden, zusammen haben wir
Patchwork- Kurse gegeben und besucht, denn alleine fehlte jeder immer der Mut
dazu. Mit den Kursteilnehmerinnen treffen wir uns noch heute regelmäßig zum Patchen und
zum Austausch von Erfahrungen, Tipps und Tricks. Eine richtige „Patcherinnen- Szene“
hat sich im Umkreis gebildet. Ein gutes Gefühl, Quilt-Freundinnen gefunden zu
haben, deren Existenz eine echte Bereicherung für den Alltag ist. Nur einer ist bei
dieser Entwicklung nicht so zufrieden - mein Ehemann. Er klagt noch immer über
das nutzlos in der Garage stehende Fahrrad. Er wird jetzt wohl die Entsorgung
selbst in die Hand nehmen müssen. Denn was haben Quilterinnen mit einem Fahrrad
am Hut?