Mittwoch, 18. Dezember 2024

Relas Geplapper


Mein erster Quilt oder ......eigentlich wollte ich ein Fahrrad verkaufen 

(Eine fiktive Geschichte von Regina Langbein)

Das Fahrrad, das in unserer Garage stand, war uns schon lange im Weg. Man konnte es doch nicht einfach zum Sperrmüll geben, es hatte doch unserer Tochter so viele schöne Erlebnisse gebracht. Es war ihr erstes selbstfinanziertes. Weil sie schon lange ein „richtiges“ Fahrrad wollte, nicht mehr so eins für Kinder, hatte sie vor vielen Jahren den Entschluss gefasst, alle um Geldgeschenke zu bitten, wenn Geburtstag, Weihnachten oder vielleicht gute Zensuren ins Haus standen. Jawohl, ein richtiges Damenrad sollte es sein ….

Radtouren mit der Schulklasse, Fahrten zum ersten Freund, der erste Fahrradurlaub, wie viele schlaflose Nächte für uns sind mit diesem Rad verbunden. Wir konnten immer erst wieder ruhig schlafen, wenn sie von ihren Ausflügen zurück war.

Wie lange ist das schon her? Nun fährt sie Kinderwagen und ein Auto und das gute alte, damals lang ersehnte Rad nimmt uns nur Platz weg.

 

Maschinengesticktes Bild aus meinem Quilt mit dem Titel "10".  Schau mal hier.

Samstagmorgen. Im Haus ist es still, ich sitze mit einem duftenden Kaffee in der Küche und lese meine Zeitung, bevor die übrigen Mitglieder der Familie kommen und die erste Mahlzeit ihrer seit Jahren gewohnten Vollpension einnehmen möchten.

„Gebrauchtes Damenrad, auch älteres Modell, fahrbereit, preisgünstig zu kaufen gesucht“. Das wär's, ich verkaufe das Rad. Und wenn die Tochter mal wieder mit dem Enkel kommt, dann bekommen sie das Geld und mein Mann endlich mehr Platz in seiner Garage.

Es ist noch nicht mal 8 Uhr, ob ich da schon anrufen kann? Wenn ich warte, dann bietet vielleicht jemand anderes ein Fahrrad an und ich bleibe auf unserem sitzen. Nur Mut, diejenige muss ja wissen, dass auch am frühen Morgen Leute Zeitung lesen.

Gedacht, getan – die Dame hat Interesse, wohnt in der Nähe und kommt gleich morgen, um das Rad zu besichtigen. Sie möchte nach vielen Jahren wieder etwas für ihren Körper tun, sich erstmal langsam an das Radfahren herantasten und sich später dann ein Neues kaufen.

Der nächste Tag, ein Frühlingstag mit Regen, Wind und ziemlich niedrigen Temperaturen. Es klingelt, Frau M. steht vor der Tür und stellt sich als die Fahrradinteressentin vor. Wir gehen um die Ecke zur Garage. Dort steht es, das gute Stück, extra vom Staub der Jahre befreit, mit einer alten Decke bedeckt. Frau M. ist hin und weg - von der Decke! 

Es ist meine erste Patchworkdecke, für den Sohn vor fast 50 Jahren genäht.

Sie nimmt sie in die Hand und streichelt die Decke wie eine gute alte Bekannte. Sie besteht nur aus Quadraten, mit der Schere nach Augenmaß zugeschnitten, mit der Maschine nicht wirklich exakt genäht und vom vielen Benutzen im Bett, auf dem Fußboden, im Garten und am Strand schon recht verschlissen.

Ob ich die selbst gemacht hätte, wie alt sie sei, ob ich noch weitere angefertigt habe usw., usw. Ich bat Frau Müller auf einen Kaffee ins Haus, denn die Garage war für eine Unterhaltung kalt und recht ungemütlich. Ich erzählte ihr von meiner Freude am Nähen und den Quilts, die neben meinen Pflichten als berufstätige Mutter, Hausfrau und der Beschäftigung im Garten so im Laufe der Jahre entstanden sind. Plötzlich hatten sich, ohne dass dies zu vermuten war, zwei Quilterinnen gefunden, die nur ein paar Kilometer weit entfernt alleine vor sich hin quilteten. Sie erzählte von ihren Quilts, ich zeigte ihr einige von meinen, und die Zeit verging. Wir verabredeten ein neues Treffen, ich wollte doch auch ihre Quilts sehen. Wir schauten Bücher an, tauschten Erfahrungen und Stoffe aus, redeten über dies und das und stellten fest, dass die Chemie zwischen uns mehr als stimmte.

Seit diesem Tag sind nun schon viele Jahre vergangen, gemeinsame Patchwork-Ausstellungen haben stattgefunden, zusammen haben wir Patchwork- Kurse gegeben und besucht, denn alleine fehlte jeder immer der Mut dazu. Mit den Kursteilnehmerinnen treffen wir uns noch heute regelmäßig zum Patchen und zum Austausch von Erfahrungen, Tipps und Tricks. Eine richtige „Patcherinnen- Szene“ hat sich im Umkreis gebildet. Ein gutes Gefühl, Quilt-Freundinnen gefunden zu haben, deren Existenz eine echte Bereicherung für den Alltag ist. Nur einer ist bei dieser Entwicklung nicht so zufrieden - mein Ehemann. Er klagt noch immer über das nutzlos in der Garage stehende Fahrrad. Er wird jetzt wohl die Entsorgung selbst in die Hand nehmen müssen. Denn was haben Quilterinnen mit einem Fahrrad am Hut?

 

 


8 Kommentare:

  1. Welch eine schöne Geschichte. So treffen sich Quilterinnen und gleich sind genügend Gesprächsthemen vorhanden. Und wenn die Verbindung dann noch über eine längere Zeit besteht. Einfach wunderbar. Dann muss sich nur noch jemand für das Fahrrad finden .....
    Liebe Grüße
    Renate

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  2. Hallo Rela,
    Danke für die schöne Geschichte. Unverhofft kommt eben doch oft. Und das Fahrrad findet bestimmt auch bald einen Interessenten.
    LG Doris :o)

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  3. Liebe Regina, ich finde, das ist wieder eine schöne Geschichte. Ich lese deine Texte sehr gerne. Bitte gerne noch mehr davon. Es grüßt dich herzlich Magdalena

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  4. Wirklich nur fiktiv? Klingt so wahr! 👍🏻😍
    Auf jeden Fall schöööön!

    Liebgruß
    Tiger
    🐯
    (der sich auch die Zeit nahm , sie zu ganz lesen)

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  5. was für eine schöne Geschichte!
    Ich sollte unbedingt mal ein Fahrrad anbieten und es mit einem alten Quilt zudecken.... *lach*
    LG
    Elke

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  6. hihi
    was für eine lustige Geschicht..
    jaa..so kann es gehen ;)
    aus so einem Fahrrad kann man auch Gartenkunst machen
    wäre das nichts für deinen Mann ??
    liebe Grüße
    Rosi

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  7. Hallo Regina was für eine schöne Geschichte ganz so wie das Leben sie schreibt. Hoffe, du teilst noch mehr von solchen wunderbaren Begegnungen mit uns. LG Doris

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  8. Hallo du liebe, das hab ich jetzt gerne gelesen. Du schreibst, dass es eine ausgedachte Geschichte ist, aber genau so hätte es das Leben schreiben können. Schöne Feiertage wünschen Renate und Egbert.

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