Ich bin Jahrgang 1952 und in einem winzigen Dorf (es gab zu dieser Zeit
gerade mal 11 Häuser dort) direkt an der Grenze zur BRD aufgewachsen.
Gleich hinter unserem Haus verlief diese deutsch- deutsche Grenze. Für
uns Kinder war sie immer da, es war normal für uns. Anders für unsere
Eltern und Großeltern. Durch diese Grenze konnten sie nicht mehr auf
ihre Felder, sie konnten nicht mehr zum Friedhof, wo ihre Vorfahren
beerdigt waren und vorallem, sie konnten ihre Verwandten in Bayern nicht
mehr sehen.
Die deutsche Teilung nach dem zweiten Weltkrieg hatte viele Familien getrennt.
Ich wuchs mit 3 Geschwistern in einem Elternhaus auf, welches uns
Geborgenheit und Liebe gab, ohne dass man diese Worte in Gesprächen
benutzte. Wir hatten nicht alles, aber haben nie etwas vermisst. Die Eltern
gingen arbeiten, aber unsere Oma Ida war immer da. Sie versorgte uns am
Morgen mit Frühstück. Schon dass war Logistik für sie. Jedem von uns
Geschwistern machte sie ihr Lieblingsgetränk zum Frühstück: Milch,
Kakao, Tee und Malzkaffee. Wenn wir aus der Schule kamen, stand Essen
auf dem Herd, wenn wir am Küchentisch Hausaufgaben machten schaute sie
uns streng über die Schulter. Fragten wir sie etwas, konnte sie uns oft
nicht weiter helfen. Aber sie war immer präsent. Und das war Grund genug, die Schulpflichten korrekt zu erfüllen.
Ich erinnere mich an wunderbare Winter mit richtig viel Schnee. Der letzte Winter war ein schöner Winter, so wie wir es von früher kennen mit Schneevergnügen wie Rodeln, Skifahren und Eislaufen.
Zu dem, was man heute als Schneechaos und Schneehorror bezeichnet sagten wir damals einfach nur WINTER.
Nun zeige ich euch mal ein Foto. Es ist vom Winter 1963-64 und damals war es etwas ganz normales, dass es viel Schnee gab.
Das Foto hat unser Vater ganz stolz aufgenommen. Es zeigt meine drei Geschwister und mich (im hellen Mantel) bei einem Winterausflug mit unserem allerersten Auto. Wie waren unsere Eltern stolz. Auf ihre Kinder und natürlich auf ihr ( bis auf den letzten Pfennig bezahltes) Auto.
Nur wenige in unserem kleinen Dorf hatten ein Auto. Unsere Eltern, immer sparsame und strebsame Leute, waren mit die ersten stolzen Trabifahrer des Dorfes. Dabei hatte unser Vater, so wie ich mich erinnern kann, noch nicht mal seinen Führerschein. Er fuhr nur Traktor. Ein Nachbar hat mit ihm zusammen das Auto abgeholt und in unseren Hof gefahren.
Diese folgende Aufnahme wurde zur Jugendweihe unseres großen Bruders gemacht, im Jahr 1963.
Ich kann mich noch genau an mein Kleid erinnern, es war roter Samt mit weißen Punkten. Das Kleid meiner Schwester war blauer Wollstoff mit hellen Schleifen.
Die folgende Aufnahme wurde zu meiner Jugendweihe gemacht. Im Jahr 1966. Zu solchen Anlässen war der Gang in ein Fotoatelier in jeder Familie Tradition.
Und dieses Bild wurde am 60. Geburtstag unseres jüngeren Bruders im Jahr 2020 aufgenommen.
Sofern es keine Coronaeinschränkungen mehr gibt werden wir in diesem Jahr den 60. Geburtstag meiner kreativen, malenden und bastelnden Lieblingsschwester feiern.
Dann machen wir das nächste Foto!
Und im nächsten Jahr feiern wir dann schon meinen siebzigsten. Ich traue mich nicht, diese Zahl hier als Zahl zu schreiben, das sieht so "ALT" aus.
Auch da machen wir wieder ein Geschwisterfoto. So wie es bei unseren Eltern früher Tradition war. Mit dem Unterschied- wir müssen heute nicht mehr in ein Fotoatelier.
Wir Geschwister sind zwar nicht mehr jung, aber im Herzen und im Kopf sind wir alle jung geblieben.
Wir beiden älteren sind schon in Rente, aber können einfach nicht die Hände in den Schoß legen. Wir sind vielseitig aktiv, denn das hält uns jung und gesund. Und die beiden jüngeren werden beim Eintritt ins Rentenalter auch keine Langeweile haben, denn auch für sie gibt es auch jetzt schon viel Schönes, was ihren Alltag bereichert.
Aber was das Wichtigste ist. Wir haben alle vier einen wunderbaren Kontakt zu einander, so wie es sein soll unter Geschwistern. Das haben uns die Eltern so auf den Weg mitgegeben. Und wir mögen uns sehr. Und wir mögen auch die, die zwischenzeitlich zur Familie dazu gekommen sind. Und das sind einige.
Ich hoffe, wir bleiben alle gesund, damit wir für unsere Nachkommen noch viele solcher Fotos machen können.