Vor längerer Zeit bekam ich einen Auftrag von
einer Kundin, die ich mal auf einem Markt kennen gelernt und ein langes, sehr
nettes Gespräch geführt habe. Ich muss das vielleicht mit dem Markt erst erklären.
Zwei mal im Jahr, nämlich vor Ostern und vor Weihnachten nutze ich das Angebot in
einem schönen Schloss in der Region und biete an einem kleinen Verkaufsstand meine
selbst genähten Sachen an. Nicht dass der Eindruck erweckt wird, ich würde gezielt
für einen Markttag nähen. Nein, so ist es nicht. Sondern: Ich habe mir gleich
am Anfang meiner Kursleitertätigkeit angewöhnt, alle Projekte, die ich mit den
Frauen nähen möchte, vorher mal zur Probe zu nähen, um die Schwierigkeiten
auszuloten. So umgehe ich(meist) unangenehme Überraschungen in den Kursstunden.
Natürlich sammelt sich dann im Laufe des Jahres einiges an, was in Schränken
und Truhen dann sein Dasein fristet. Manches sind einmalige Projekte, aber da
ich gerne Experimente mache wird das eine oder andere dann doch in veränderter
Form noch mal genäht. Nicht alles kann man selbst gebrauchen oder verschenken,
also wird es an solchen Markttagen verkauft.
Diesen Verkaufsstand bestücke ich gemeinsam
mit meiner Schwester, die Malerin ist und alles bemalt, was halbwegs Farbe
vertragen kann. Das heißt aber nicht, einfach so anstreichen- nein- sie ist
eine sehr talentierte Porzellanmalerin und bemalt z.B. Schneckenhäuser, Steine,
Schieferplatten und vieles mehr. Selbst wenn wir mal an einem Tag nicht so viel
verkaufen wie erhofft ist es immer ein schönes Erlebnis. Uns ist wichtig, einen
gemeinsamen Tag zu verbringen, uns zu unterhalten, zu lachen – eben einfach
gemeinsam Spaß zu haben.
Schön ist es auch, wenn Menschen für unsere
Auslagen Interesse haben, danach fragen, sich Techniken erklären lassen und
dann lächelnd weitergehen.
Nicht alles kann man immer in Euro umrechnen.
An so einem Tag lernte ich auch Frau W.
kennen. Sie fragte, wie manchmal andere Kunden auch, ob ich auch was ganz
bestimmtes in Größe und Design für sie herstellen würde. Sie nahm sich, wie andere
auch, eine Visitenkarte mit und ich verabschiedete mich mit den Worten: „Ich
freue mich auf Ihre Bestellung!“
Dann kam lange, lange Zeit später eine Mail
von Frau W. in der sie einen Wandquilt bei mir bestellte. Sie nannte mir die
Größe und gab mir vier Themen vor, die ich zur Auswahl für die Gestaltung
nehmen könnte:
1. Eine Straßenansicht mit Häusern, aus den Fenstern
sollten Menschen schauen oder
2. Eine Unterwasserwelt mit Pflanzen, Fischen und einer
Nixe oder
3. Einen Tisch vor einem Cafe´, an dem zwei dicke Damen
sitzen und unter dem Tisch sollte ein Mops sitzen oder
4. Ein Weg mit Steinen, am Rand wächst Löwenzahn
Puh, das gab mir erstmal zu denken und kurz,
aber nur ganz kurz hab ich überlegt, ob ich mich als „unbekannt verzogen“ ausgeben
soll.
Dann habe ich mich aber entschieden, den
Auftrag auszuführen. Das letzte Thema schien mir am besten umsetzbar zu sein. Ich
war völlig frei in den Farben, da legte sie sich nicht fest. Also machte ich
zwei Entwürfe und schickte sie ihr zu, sie entschied sich und ich konnte
loslegen.
Ich habe selbst gefärbte Stoffe verarbeitet,
Fotos auf Stoff ausgedruckt und nur einen kleinen Rest gekauften Stoff mit
Steinmuster vernäht. Ich habe appliziert, gequiltet und Perlen verarbeitet. In
der Zwischenzeit immer mal wieder den Stand mit Frau W. besprochen oder beschrieben
oder bemailt oder wie nennt man das, wenn man per Mail kommuniziert???
Dann kam der große Tag, den Frau W. herbeisehnte.
Ich schickte den Quilt ab mit der Bitte, ihn zu begutachten und erst dann, wenn
sie zufrieden sei, zu bezahlen. Lustigerweise waren an dem Tag, als das Päckchen
bei ihr ankam, gerade ihre Nachbarinnen zu einem Kaffeeklatsch bei ihr und mein
Quilt wurde von allen Seiten begutachtet. Sie bestätigte mir überraschender
Weise den Empfang und die Freude über das Werk per Telefon. Der Lärmpegel im Hintergrund
sagte mir, dass wahrscheinlich nicht nur Kaffee getrunken wurde und alle Damen ließen
mich unbekannterweise grüßen.
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Löwenzahn am Wegesrand 70 x 120 cm |
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Löwenzahn Details |
Dass sie zufrieden war, davon bin ich
überzeugt. Denn sie hat noch mehr Aufträge bei mir ausgelöst, die immer zu
ihrer Zufriedenheit waren: Gardinen in Pojagi- Technik, Fensterbilder, Tischsets
und Tischläufer. Sehr kurios war die Bitte, einen Bezug für ihren Toaster
anzufertigen. Es sollten Häuser zu sehen sein, mal bei Tag, auf der Rückseite in
der Nacht. Na ja, sie mag eben Häuser.
Aber ich habe von da an sehr über mich
nachgedacht, denn ich kann zwar gut nähen, aber eine gute Hausfrau scheine ich
nicht zu sein, denn mein Toaster hat (noch) keinen Patchwork- Überzug!